Glinder Zeitzeugin berichtet über das Ende des Zweiten Weltkriegs

Während der Gedenkveranstaltung „80 Jahre Kriegsende“ in der Gemeinschaftsschule Wiesenfeld hat Frau von Pröckel über ihre Erinnerungen gesprochen.
Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg. Am 8. Mai haben Glinder Bürgerinnen und Bürger diesem für Deutschland wichtigen Jahrestag gedacht. Millionen Menschen starben, mussten fliehen und wurden vertrieben. In der Gemeinschaftsschule Wiesenfeld sprachen Bürgermeister Rainhard Zug, Bürgervorsteher Claus Peters, Hans-Jürgen Preuß von der Geschichtswerkstatt Wiesenfeld und Zeitzeugin Vera von Pröckel, die damals in Glinde lebte und arbeitete.
Der Zweite Weltkrieg spielt in der Geschichte Glindes eine sehr wichtige Rolle. Zwischen 1939 und 1945 wurde das kleine Dorf Glinde durch diverse Rüstungsvorhaben der Nazis zu einem Industrie- und Militärstandort. Im Süden entstand ein Werk für den Bau von Kurbelwellen für Flugzeuge, und im Ort selbst ein Heereszeugamt (HZA). Dort wurden beispielsweise Artilleriematerial, Fahrzeuge und Panzer gelagert. Somit war Glinde Teil des Krieges. Im Lager Wiesenfeld waren Tausende Fremd- und Zwangsarbeiter beschäftigt. Die Bedingungen für sie waren eher lebensfeindlich als förderlich. Den Krieg überstand Glinde, abgesehen von einem Bombenangriff im Oktober 1944 auf das HZA, nahezu unbeschadet. Erst spät wurde die Geschichte aufgearbeitet. Nur wenige Spuren und Gebäude sind in den vergangenen Jahren erhalten geblieben.
Glindes Bürgermeister Rainhard Zug warf die Frage auf: „Wie funktioniert Erinnerung 80 Jahre danach?“ Er schilderte, dass die Stimmen der Zeitzeuginnen und -zeugen sowie Überlebenden immer weniger und damit leiser werden. Nur durch ihre Schilderungen sei es ansatzweise möglich, sich in die Zeit zu versetzen. Rainhard Zug sagte, ohne diese Aussagen sei es „Leid, das ich mir so nicht vorstellen kann.“
Anschließend trat Glindes Bürgervorsteher Claus Peters an das Rednerpult. Er ging auf die Geschichte des geteilten Deutschlands ein und mahnte: „Nie wieder Diktatur, weder von links noch von rechts. Nie wieder Gleichgültigkeit. Es ist unsere Verantwortung, die Erinnerung wachzuhalten.“ An der Gedenkveranstaltung nahm auch die 96-jährige Vera von Pröckel teil. Sie lebte und arbeitete am Ende des Zweiten Weltkrieges in Glinde. Bewegend berichtete sie von einem der letzten Bombenangriffe und von der Not der Bevölkerung. Auch Hans-Jürgen Preuß erzählte von seinen Erinnerungen. Der 86-Jährige ist in der Geschichtswerkstatt Lager Wiesenfeld-Glinde aktiv und kam damals im zerbombten Hamburg an. Dank der Arbeit der Geschichtswerkstatt, Archivar Dr. Carsten Walczok und vieler weiterer Personen konnten viele Informationen über das Kurbelwellenwerk und die verrichtete Zwangsarbeit für die Zukunft gesichert werden. Die Reden von Vera von Pröckel und Hans-Jürgen Preuß wurden auf Video aufgenommen und stehen nun auch der Öffentlichkeit zur Verfügung (YouTube).
Mehr als 50 Personen waren bei der Gedenkveranstaltung in der Gemeinschaftsschule Wiesenfeld anwesend. Schülerinnen und Schüler der Einrichtung beschäftigen sich immer wieder mit der Geschichte des Geländes ihrer Schule. So wird versucht, Erinnerung wachzuhalten. So wurde 2022 an einem Gebäude ein Mahnmal errichtet, das Schülerinnen und Schüler erdacht haben. Dieses ist nach dem Entwurf von Lennart Carls und Niklas Klinck entstanden. Es zeigt eine Figur in Lebensgröße, die unter der Last einer Kurbelwelle zusammenzubrechen droht. Am Mahnmal wurde ein Kranz niedergelegt und der Opfer gedacht.