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Europa lebendig halten – Besuch anlässlich des Jubiläums der Städtepartnerschaft zwischen St.-Sébastien-sur-Loire und Glinde

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Freundschaft lebt von Menschen, Begegnungen und gemeinsamen Erlebnissen. Die Festwoche anlässlich des 60. Jubiläums der Partnerschaft der beiden Städte hat das deutlich gemacht.

Wie fühlt sich so eine Städtepartnerschaft überhaupt an? Der Begriff klingt abstrakt und etwas bürokratisch. Der Ablauf ist auch klar geregelt. Es kommen Menschen aus einer Stadt eines anderen Landes zu Besuch, mit dabei sind Privatpersonen und Offizielle. Einige kennen sich seit vielen Jahren, andere begegnen sich zum ersten Mal. Familien bieten ein Gästezimmer an. Ein paar Tage lebt man zusammen. Es gibt viele Reden und viele Erlebnisse. Am Ende gehen alle auseinander und sagen: „Das war sehr schön.“ Diese kurzen, trockenen Sätze treffen keinesfalls den Kern einer Städtepartnerschaft, die seit 60 Jahren gelebt wird. St.-Sébastien-sur-Loire in Frankreich und Glinde sind seit 1964 offiziell miteinander verbunden.

Zu dieser besonderen Woche gehören außerdem verschwundenes Gepäck, Kämpfe mit der Sprachbarriere und ein außergewöhnliches Geschenk. Am Nachmittag des 9. Juli startete das offizielle Programm im Festsaal des Marcellin-Verbe-Hauses. Die französischen Spiel- und Lerngruppen der Stadt Glinde präsentierten Lieder und eine kleine Showeinlage. Kursleiterin Maj Sumfleth hatte in den vergangenen Wochen mit den Kindern geübt. Der jüngste Teilnehmer ist erst drei Jahre alt. Ein weiterer Höhepunkt des Empfangs war die Präsentation am Klavier von Nico Eggers. Er ist eines der größten Talente der Musikschule Glinde. Ebenfalls vor Ort war Ulrike Müller-Kopsch. Die Vorsitzende der Fairtrade-Steuerungsgruppe Glinde suchte das Gespräch mit den Gästen, um über die Aktivitäten und den Einsatz von Fairtrade zu informieren. Seit vergangenem Jahr trägt Glinde den Titel Fairtrade-Stadt und setzt sich damit auch aktiv für faire Arbeitsbedingungen und Entlohnung in anderen Ländern ein. Während des anschließenden Sektempfangs startete der lebhafte, informelle Austausch. Dabei berichteten die drei offiziellen Vertreterinnen der Stadt St.-Sébastien-sur-Loire, dass ihr Gepäck nicht zusammen mit ihnen am Flughafen in Hamburg angekommen sei.

Am Donnerstag, den 10. Juli, führte die Gruppe ein Busausflug nach Schwerin. Da viele Gäste bereits mehrfach in Glinde waren, sollte eine besondere Stadt in der Umgebung entdeckt werden. Auf der Fahrt waren die deutschen Gastgeber in rege Gespräche mit den französischen Gästen vertieft, meist auf Französisch. Deutsche Neulinge der Gruppe versuchten sich mit den letzten vorhandenen Sprachkenntnissen aus der Schule oder Auffrischungskursen in eine Unterhaltung zu begeben. Am Zippendorfer Strand gab es ein kurzes Franzbrötchen-Frühstück (mit freundlicher Unterstützung von Junge – Die Bäckerei) mit Blick auf den Schweriner Innensee. Es folgte eine Besichtigung des Schweriner Schlosses – staunende Blicke und interessierte Fragen inklusive. Auch beim Stadtspaziergang wurde die Landeshauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns bewundert.

Bei der Freiwilligen Feuerwehr Glinde sollte der Abend ausklingen. Die Kameradinnen und Kameraden hatten ein umfangreiches Grillbuffet mit Salaten, Wurst und Co. vorbereitet, natürlich auch mit Getränken. Teil des Empfang waren mehrere Ansprachen. Glindes Bürgermeister Rainhard Zug und Bürgervorsteher Claus Peters lobten die langjährige Partnerschaft und erinnerten an das Treffen im vergangenen Jahr. Gerd Mucha von der Europa-Union und Yannick Richard (Vorsitzender des Comité de jumelage franco-allemand de Saint-Sébastien-sur-Loire et Glinde) sind seit Jahrzehnten bei dem Thema Verschwisterung aktiv. Entsprechend würdigten sie in ihren Beiträgen die Verbundenheit.

Als offizielle Vertreterin der Stadt St.-Sébastien-sur-Loire richtete sich Michèle Bonnet an die Anwesenden: „Partnerschaften vermitteln Werte des Friedens und der Demokratie in einer zunehmend individualistischen Gesellschaft. Sie stehen für Offenheit gegenüber anderen, ihren Kulturen und Traditionen. Wir möchten an dieser Stelle unseren Dank den Gründern unserer Städtepartnerschaft aussprechen: Marcellin Verbe und Arthur Christiansen, damals Bürgermeister der Städte.“ Als Zeichen der Freundschaft wurden Geschenke überreicht. Bürgermeister Rainhard Zug und Bürgervorsteher Claus Peters freuten sich über gravierte Weingläser und eine Weinkaraffe. Die Stadt Glinde verschenkte ein Kunstobjekt. Ein Würfel aus Stahl mit Begriffen auf Französisch und Deutsch soll künftig in St.-Sébastien-sur-Loire in einem Park ein sichtbares Zeichen der Städtepartnerschaft sein. Zu lesen sind Worte wie Vertrauen, Frieden, Zukunft, Erinnerung & Zusammen. Dieses besondere Geschenk wurde von der Firma JODA Metalltechnik aus Glinde hergestellt. Aus einer kleinen Idee hat das Team den Würfel entwickelt und gefertigt. Für diese kreative und produktive Zusammenarbeit bedankt sich die Stadt Glinde herzlich.

Am Freitag folgte für die Reisegruppe ein Ausflug ins Alte Land, gefolgt von einer Kutschfahrt durch die Heide. Den Abend verbrachte sie im Gutshaus. Das Team von Mühlenfunken hatte zu einer deutsch-französischen Lesung mit Marie Gaté-Stallforth geladen. Die Autorin präsentierte ihren Roman „Der Klang des Bleistifts, der zu Boden fällt“. Die offiziellen Vertreterinnen besuchten am Vormittag die Stadtbücherei Glinde. Am Sonnabend wurde gemeinsam Zeit bei der MARKTFÊTE, dem großen Marktfest mitten in der Stadt, verbracht. Der Sonntag begann mit einem Gottesdienst, gefolgt von einer Kranzniederlegung am Grab des ehemaligen Glinder Bürgermeisters Arthur Christiansen. Später ging es mit einem Sportprogramm weiter. Das Golf Gut Glinde hatte zu einem Schnupperkurs eingeladen, am Gutshaus konnte Boule gespielt werden, bzw. Darts oder Tennis beim TSV Glinde von 1930 e. V., gefolgt von Kaffee und Kuchen. Am Abend traf sich die Runde zum gemeinschaftlichen Abschiedsgrillen.

Was bleibt? Die Bestätigung, dass Europa nicht nur die Zusammenarbeit auf politischer Ebene ist. Trotz unterschiedlicher Sprachen findet sich ein Kommunikationsweg. Und es bleibt die Erkenntnis, Menschen haben verschiedene Kulturen und Bräuche, aber sie sind Menschen wie Du und Ich. Europa lebt vom Miteinander.

Eine Gruppe Menschen steht an einem Tisch.
Kinder bei einer kleinen Aufführung.
Bürgermeister Rainhard Zug mit Ehrenbürgerin Anne Plaud.